3.8.4. Neutrinos: Sprengstoff der Sternexplosionen - mit gravitativen Wirkungen?

Fragen wir nun, welche der bekannten Strahlungsarten am ehesten, wenn auch vielleicht nicht zwingend oder ausschließlich, der hypothetisch angenommenen isotropen Korpuskularstrahlung der Gravitation entspricht. Sie sollte eine maximal hohe Geschwindigkeit, etwa mindestens die Lichtgeschwindigkeit, und hohe Reichweite haben, sie sollte von sehr geringer Masse sein, die Korpuskel sollten klein sein, sie sollten Materie weitgehend durchdringen können, aber in selteneren Fällen, etwa bei einem frontalen Zusammenstoß mit Elementarteilchen, dennoch von diesen aufgehalten, gebremst oder blockiert werden können. Die Strahlung sollte keine elektrischen Ladungen tragen und sollte in bestimmten kosmischen Prozessen produziert und von jedweder baryonischen Materie absorbiert werden können. Von allen in Frage kommenden Elementarteilchen scheint mir, einem physikalisch vorgebildeten Nicht-Physiker, das Neutrino diesen Bedingungen noch am ehesten zu entsprechen. Das schließt aber keineswegs aus, dass es noch andere, vielleicht noch kleinere Teilchen gibt, die tatsächlich die gesuchten Gravionen sind.

Fragen wir also konkreter: Was ist der Sprengstoff der kosmischen Mega-Explosionen? Was letztendlich hat beispielsweise die Explosion zu einer Supernova verursacht? Eine Antwort liegt nahe: vor allem die beim Kollabieren des Kerns zum Neutronenstern (oder Schwarzen Loch) freigewordenen Neutrinos (H.-Th. Janka, K. Kifonidis, E. Müller, G 42). Die Autoren erläutern: "Die Neutrinos übertragen nur einen winzigen Bruchteil ihrer gesamten Energie an das stellare Medium. Bereits 1% der in Neutrinos abgestrahlten Bindungsenergie des Neutronensterns reicht für eine starke Explosion aus" (G 42). Da liegt die Frage nahe: Wo bleibt der Rest? Er verpufft weiter und tritt in allen Richtungen eine lange Reise ins Weltall an. Aber lassen wir die Autoren noch weiter zu Wort kommen: "Es gibt ... numerische und analytische Untersuchungen, die die prinzipielle Möglichkeit neutrinogetriebener Explosionen bestätigen....(Um) direkte Informationen von den infernalischen Vorgängen im Zentrum explodierender Sterne zu erhalten, ... sind lediglich zwei Wege bekannt: Der Nachweis von Gravitationswellen (H. Sch.: anscheinend noch nicht erreicht) und die Messung von Neutrinos ... für Neutrinos ist (dies) tatsächlich bereits gelungen. - Am 23. Februar 1987 (kündete) die Supernova 1987A ... vom Tod eines blauen Riesensterns in der Großen Magellanschen Wolke, so nah, dass das Aufleuchten des sterbenden Sterns selbst mit bloßem Auge zu sehen war... (Das geschah in) einer Entfernung von 170 000 Lichtjahren ... Die Forscher konnten in zwei riesigen Wassertanks, die tief im Innern von Gebirgsmassiven vor störender kosmischer Strahlung versteckt waren, rund 20 von den insgesamt 1058 abgestrahlten Neutrinos einfangen" (G 43).

Beim Kollaps des zentralen Bereichs eines Sterns, wenn dort die zunächst voneinander Abstand haltenden Protonen und Elektronen sich zu den kompakten und ganz dicht zusammengedrängten Neutronen des späteren Neutronensterns umwandeln, trägt die dadurch freigesetzte Energie zum Bewegungsimpuls der in riesiger Zahl und mit großer Wucht nach außen geschleuderten Neutrinos bei. Dazu bemerken die Autoren Arkani-Hamed, Dimopoulos und Dvali: "Wie wir aus Beobachtungen der berühmten Supernova 1987A wissen, emittiert eine solche Explosion ihre Energie größtenteils in Form von Neutrinos; für einen Energieverlust durch Gravitonen bleibt kaum Spielraum" (Q 61). Das ist übrigens ein starkes Argument für die (Teil-)Identität von Neutrinos und Gravionen! Die Neutrinos sind masselose (oder besser: massearme) ungeladene Elementarteilchen. Eben in ihrer Winzigkeit und Ladungsneutralität ist es begründet, dass sie auch materielle Körper durchdringen können, die wie unsere Erde nach unserer Einschätzung so überaus kompakt und umfangreich sind. Die Autoren Janka, Kifonidis und Müller erläutern dies noch näher: "Von allen bekannten Teilchen haben die Neutrinos die geringste Tendenz, mit den Atomen der normalen Materie zusammenzustoßen. Zum Beispiel kollidiert von einer Milliarde Neutrinos, die durch die Erde fliegen, im Durchschnitt nur ein einziges mit einem Atom des gesamten Erdballs" (G 39). Selbst wenn diese Einschätzung etwas von einer Übertreibung hat, so weist sie doch auf die überaus hohe Fähigkeit der Neutrinos hin, jedenfalls die uns zugängliche Materie zu durchdringen. Aber im extrem dichten Innern eines "sterbenden Sterns" müssen die Neutrinos schon häufiger mit der Sternmaterie kollidieren und ihre Energie auf sie übertragen, was vielleicht irgendwann ausreicht, eine Sternexplosion auszulösen, quasi zu "zünden". Die Neutrinos sind damit nicht nur den Kernphysikern wohlbekannt, die diese Teilchen in großen unterirdischen Tanks aufzufangen und jedenfalls in ihrer Wirkung nachzuweisen versuchen, sondern auch den Astrophysikern, die ihnen eine zentrale Rolle beim "Sterben" massereicher Sterne zuschreiben. Allerdings haben sie kaum darüber nachgedacht und jedenfalls nichts davon berichtet, welchen Beitrag Neutrinos vielleicht schon bei der Geburt der Sterne geleistet haben konnten.

Auch die energieliefernden Kernreaktionen in unserer Sonne setzen große Mengen dieser winzigen Teilchen frei (H. Nicolai und M. Rössel, G 78). Auf diese Weise geben uns die Neutrinos von der Sonne Aufschluss über das Geschehen in ihrem innersten Kern. Es besteht im wesentlichen in einer Abfolge von Kernreaktionen, insbesondere in der sog. Proton-Proton-Reaktion, durch die in Sternen wie unserer Sonne Wasserstoff (H) unter Freisetzung von Energie in Helium (He) umgewandelt wird. Dabei wandeln sich zunächst zwei Wasserstoffkerne (Protonen) in ein Deuteron (2H), ein Positron (e+) und ein Neutrino (ν) um, unter Freisetzung einer Energie von 1,44 MeV. Über weitere Stufen, wobei auch ein Quant der elektromagnetischen Gammastrahlung emittiert wird, führt die Proton-Proton-Reaktion zur Bildung von 4He. Das Neutrino kann dem Kern entweichen, seine Energie geht dem Stern verloren. Die übrige durch den Prozess freigesetzte Energie (26,2 MeV) ist als kinetische Energie und Strahlungsenergie vorhanden und wird in Wärme umgesetzt. Die P.-P.-Reaktion ist die Hauptquelle der Energieerzeugung in den Hauptreihensternen bis etwa zur Sonnenmasse (als Hauptreihe wird der Bereich im Hertzsprung-Russel-Diagramm bezeichnet, in dem sich die meisten Sterne befinden).

Uns soll es jedoch weiterhin um die mögliche Rolle der Neutrinos bei der Vermittlung von Gravitationskräften gehen. Wenn die Neutrinos offenbar so eng mit der Entstehung von Gravitationswellen verbunden sind, nämlich wenn sie beim Kollabieren eines Sterns zum Neutronenstern und im Verlauf der gleichzeitigen Supernova-Explosion in so riesiger Zahl "erzeugt" werden, dann wirft das einige interessante Fragen auf, etwa diese: Sollte denn das Neutrino in Kern- und Sternphysik keine andere Funktion haben, als bei irgendwelchen Prozessen schließlich übrig zu bleiben und dann mit riesiger Geschwindigkeit sich im Weltraum auszubreiten und beim Auftreffen auf große Körper diese mit nur geringer Behinderung zu durchdringen? Es wäre schon seltsam, wenn das Neutrino außer als sonderbarer Effekt einer kernphysikalischen Umwandlung bei einer Supernova-Explosion - und im minderen Maßstab im Energie-Haushalt der Sonne und ähnlicher Sterne - keine weitere grundlegende Funktion in der Kern- und Astrophysik hätte. Es würde mich sogar sehr wundern! Deshalb liegt es mir nahe, einfach weiterzufragen: Welche Funktion könnten die Neutrinos zuvor in solchen Sternen gehabt haben, bevor sie in einer Supernova-Explosion oder durch Prozesse der Kernfusion "frei" wurden? In welcher Form waren sie "gefangen" (oder besser: gebunden), bevor sie frei wurden? Als physikalischer Laie kann ich mir sogar erlauben, die naive Frage zu stellen, ob sie auch schon vor dem Freiwerden Neutrinos waren, oder aber etwas ganz anderes, vielleicht Elektronen? Denn es gibt eine Gleichung:

p+ (Proton) + e- (Elektron) = n (Neutron) + ν (Neutrino)

die offenbar aussagt, dass in diesem Vorgang etwas, was vorher eine Masse und zwei Ladungen stabil miteinander kombinierte, und zwar mit gehörigem Abstand zwischen Wasserstoffkern und Elektron, sich danach in zwei ladungsfreie Partikeln mitinsgesamt etwa gleichbleibender Masse trennte, von denen das viel kleinere Teilchen, das Neutrino, sich mit extremer Geschwindigkeit vom viel schwereren Neutron entfernte. Es bleibt die Frage, ob denn die Neutrinos wirklich nur das Endergebnis einer Interaktion von Teilchen wie dem Proton und dem Elektron sind. Deren Funktionen, nämlich Substanz der baryonischen Materie bzw. Träger der elektromagnetischen Kraft zu sein (das Elektron als "Atom" der negativen elektrischen Ladung) stehen uns viel deutlicher vor Augen, als das beim Neutrino der Fall ist. So liegt eine weitere Frage nahe: Für welche Materie ist das Neutrino die Grundsubstanz, oder eher noch: für welche Kraft ist das Neutrino der Träger oder Übermittler? Wenn die Autoren Janka, Kifonidis und Müller meinen, dass die Bindungsenergie des Neutronensterns in Neutrinos abgestrahlt werde (G 42), dann liegt die Überlegung nahe, ob nicht Neutrinos, die aus Bindungsenergie stammen, schließlich wieder zur Bindung von Materieteilchen dienen und somit die "Verklumpung" von Materie verstärken könnten? Könnte ihre Absorption mit einer Bindungsfunktion verbunden sein? Bei all diesen Fragen ist mit einzubeziehen, dass nach H. Nicolai und M. Pössel zu den vier (leichteren) Grundbausteinen des Kosmos neben den beiden Quarks ("up" und "down"), welche die Grundsubstanz von baryonischen Partikeln und Körpern ausmachen, und dem Elektron als Träger der elektromagnetischen Elementarladung, als viertes Elementarteilchen das sogenannte Elektron-Neutrino (gemeinhin abkürzend als Neutrino bezeichnet) gezählt wird (G 78). Was die schwereren Grundbausteine betrifft, kommt die Frage auf: Sind die Myon- und Tau-Neutrinos wirklich nur größere Varianten ("Generationen") des Neutrinos, oder könnten sie vielleicht massive Agglomerationen des kleinsten Teilchens des Teilchenzoos mit größeren und massereicheren anderen Partikeln sein?

Aber zurück zur Kernfrage. Dabei ist zu berücksichtigen, dass alle Kernreaktionen, an denen Elektronen und Neutrinos beteiligt sind - darunter solche, die im Innern der Sonne und anderer Sterne ablaufen - mit der "Schwachen Kernkraft" zu tun haben (H. Nicolai und M. Pössel, G 79). Denn nach geltender Lehre wirkt die schwache Kernkraft - vermittelt durch W- und Z-Bosonen - auf alle Materieteilchen, auch auf Elektronen und Neutrinos, die nicht der (durch Gluonen vermittelten) starken Kernkraft unterliegen, und im Falle der Neutrinos auch auf solche Korpuskeln, die frei von elektrischen Ladungen sind. Diese Hinweise sollen natürlich nur andeuten, in welchen Richtungen man weiter nach Zusammenhängen suchen könnte.

So wäre es schließlich denkbar, dass die so kleinen, schnellen, massearmen, durchdringungsfähigen, elektrisch neutralen Neutrinos ....... mit den Gravionen, den Trägern der gravitativen Fernwirkung, nahe verbunden oder sogar identisch sind. Sind die Neutrinos vielleicht die von uns gesuchten Gravionen? Sie haben mit diesen immerhin die gerade aufgezählten Eigenschaften gemeinsam. Dagegen wären die in der modernen Physik hypothetisch rekonstruierten "Gravitonen", die als "Austausch-" oder "Bindekräfte" der Gravitation mit einem für Bosonen charakteristischen Spin 2 gelten, wohl wenig geeignet für die Vermittlung von Super-Fernkräften nach dem Mach-Prinzip, und vielleicht sind sie überhaupt eine Fehlkonstruktion! Ich befragte zu diesen Problemen Herrn Professor Joachim Petzold, emeritierter Ordinarius der Theoretischen Physik in Marburg, der mir freundlicherweise ausführlich erklärt hat, weshalb die Neutrinos nicht geeignet seien, mit den Gravionen in deren Funktion als Träger der Schwerkraft gleichgesetzt zu werden. Die Neutrinos kommen dafür offenbar nicht in Frage, weil sie sich höchstens mit Lichtgeschwindigkeit fortbewegen und damit viel zu langsam sind und weil ihnen wie anderen Fermionen ein Spin von 1/2 zugeschrieben wird. Zwar ist meine Frage nach der Identität von Neutrinos und Gravionen insoweit wohl, mit negativem Ergebnis, erst einmal beantwortet worden, aber sie hat damit nicht aufgehört, für mich eine offene Frage zu sein, die ich bei gegebenem Anlass weiter stellen werde. Vielleicht gibt es ja eine Erklärung, die auch meine Fragen abschließend beantwortet. So stehen die Neutrinos auch im Verdacht, den Hauptbestandteil der interstellaren Materie auszumachen. Es wird über sie auch ausgesagt (Kearns, Tajita und Totsuka, Q 71), dass "die im Urknall erzeugten Neutrinos, die ja den gesamten Raum ausfüllten, ... eine Gesamtmasse besitzen könnten, die mit der Masse aller Sterne vergleichbar ist. Zudem könnten sie die Entstehung großräumiger astronomischer Strukturen wie etwa der Galaxienhaufen beeinflusst haben". Diesen Gedanken werde ich später (3.9.3.) wieder aufgreifen.

Das führt uns weiter zu einer Spekulation von T. Van Flandern (PG 117/118), die ich wegen ihrer eigenwilligen und sehr "technischen" Sprache lieber mit eigenen Worten wiedergeben möchte. Van Flandern versucht eine Vervollständigung seines Gravionenmodells zu einem "metazyklischen" Ablauf, den er beginnen lässt mit der zunehmenden Massenzunahme und Erhitzung baryonischer Himmelskörper auch durch die Absorption von Gravionen. Dieser Vorgang setzt sich fort, bis der Zuwachs eine kritische Schwelle überschreitet und der Massenkörper auf explosive Weise seinen Energie- und Massenüberschuss freigibt. Eine solche Explosion mag, ähnlich wie Supernova-Explosionen, unter anderen Korpuskeln auch wieder Gravionen ausstrahlen, die dann zur bestehenden kosmischen Gravionenstrahlung hinzukommen und die ursprüngliche Zahl der Gravionen wiederherstellen. "So würde die Zahl, die Energie und der Impuls von Gravionen im Gleichgewicht bleiben. Das Universum würde sich weder aufheizen noch sich erschöpfen, vorausgesetzt dass wir es über genügend lange Zeiten und in genügend großen Bereichen über viele Größenordnungen hinweg analysieren" (PG 118). Das Modell von T. Van Flandern gilt aber, wie wir noch sehen werden (vgl. 3.9.4.), wohl nur in mittleren und zentralen Bereichen des Weltalls, aber nicht in seiner Peripherie.

Es könnte allerdings auch möglich sein, dass sogar das zentrale Loch der Schwarzen Löcher einmal, unter welchen Bedingungen auch immer, explodieren und alle von ihm eingefangenen und absorbierten Gravionen wieder freisetzen könnte. Denn in die kumulative Massenzunahme in Kernbereichen des Universums wäre ja auch ein Großteil der Gravionen mit einbezogen. Wenn diese mit Himmelskörpern größerer Dichte kollidieren, würde dies, wie schon Fatio vermutete (F. van Lunteren, PG 52), zu einer allmählich zunehmenden Akkumulation der Gravionen in diesen Sternen führen, zusätzlich zu den baryonischen Massen, die unter Gravionendruck von ihnen aufgenommen wurden. Auch unabhängig von gelegentlicher Materieaufnahme müssen ständig weiterhin Gravionen in ihre Kern- und dann Randbezirke einströmen und diese noch weiter verfestigen.