3.8. Quellen der Gravionenstrahlung: Katastrophen als Anfang

Inhaltsverzeichnis

3.8.1. Von welchen Objekten geht die Gravionenstrahlung aus?
3.8.2. Die explosive Absprengung peripherer Sternbereiche vom dichten Kern
3.8.3. Kollision und Verschmelzung von massereichen Doppelsternen
3.9.4. Neutrinos: Sprengstoff der Sternexplosionen - mit gravitativen Wirkungen?

3.8.1. Von welchen Objekten geht die Gravionenstrahlung aus?

Ich war etwas überrascht darüber, dass ich auf den über 300 Seiten des Readers über "Pushing Gravity" bei den vielen (23) Autoren nur so wenige Andeutungen über die Frage gefunden habe, von wo (nicht nur aus welchen Richtungen, sondern auch von welchen Ausgangspunkten her!) die Gravionen immer wieder von neuem herkommen. Es wird in der Regel nur vermerkt, dass die Gravionen von außen, aus dem Raum kommen, aber kommen sie nur von außerhalb der Erde, oder aber sind sie doch, wie Le Sage meinte, "ultramundan"? Wenn bei ihm und bei späteren Autoren von "ultramundanen Korpuskeln" die Rede ist, die aus den Tiefen des Raumes auf Himmelskörper wie die Erde einströmen (M. R. Edwards, PG 65), dann kann das Fremdwort "ultramundan" unterschiedlich gemeint sein und verstanden werden: als von außerhalb der Erde, oder von außerhalb des Weltalls, denn lat. mundus, das eigentlich "Welt" bedeutet, wird in beiderlei Sinn gebraucht, was ja auch einleuchtet, wenn Menschen früherer Zeiten die ihnen zugänglichen Bereiche der Erde schon als die ganze Welt verstanden. Das Sprichwort "mundus vult decipi" (Die Welt will betrogen sein!) meint sogar nur die Menschen. Formulierungen wie "ultramundan" lassen auch daran denken, dass die Gravionen von außerhalb des Weltalls herkommen könnten, was aber die Beantwortung der Ausgangsfrage nur aufschiebt, denn zu klären, wo außerhalb des Weltalls die Quellen der Gravionen-Emission sind, etwa weit auseinander liegende Quellen in der Unendlichkeit des leeren Raums, das ist noch weniger möglich, scheint sogar ein unlösbares Problem zu sein. Denn wer oder was schickt die Gravionen von außen in die Welt? Und sind Gravionenquellen außerhalb des Weltalls nicht selber Welt, nur ein bisschen weiter weg?

Aber warum in die Ferne schweifen ...? Es könnte doch sein, wäre sogar in mehrfacher Hinsicht näherliegend, die Herkunft der Gravionen aus dem Universum selbst zu vermuten, etwa als "universal flux" (T. Van Flandern, PG 117) in der Art einer kosmischen Hintergrundstrahlung. Wenn ich selber nach Antworten auf die Frage nach der Herkunft der Gravionen suche, schließe ich die Theorien aus, die wie bei Majorana (1920) die Strahlung generell von den einander anziehenden Körpern ausgehen lassen. Einen etwas weiter führenden Hinweis fand ich in dem Beitrag von J. Evans (PG 25), in dem er argumentierte, dass die Gravionen, die heute die Erde erreichen, angesichts ihrer vermutlich riesigen Geschwindigkeit bis dahin unermessliche Strecken zurückgelegt haben müssen. Ich ergänze diesen Satz: ... von den Strahlungsquellen her, von denen sie ausgegangen sind, bis zu uns. Und da die Gravionenstrahlung isotrop ist, uns von allen Seiten in gleicher Stärke erreicht, spricht es sehr dafür, dass ihre Quellen im ganzen Kosmos verbreitet sein müssen, dass es also innerhalb des uns astronomisch zugänglichen Weltalls Gravionenquellen in genügender Zahl, in genügend regelmäßiger Verteilung und in einer zur Erklärung der gravitativen Wirkungen ausreichenden Stärke gibt. Solche Gravionenquellen könnte es sogar in uns näher liegenden Bereichen geben, etwa in der Milchstraße oder in benachbarten Galaxien. Denn die Gravionen könnten natürlich auch vor nicht allzu langer Zeit oder gerade erst ihren Weg zu uns begonnen haben. Insgesamt spricht viel dafür, dass die Gravionen zwar von außerhalb der Erde kommen, aber innerhalb des Weltalls ("inframundan") emittiert und primär auch produziert worden sind und daher wie alle Materie als innerweltlich zu gelten haben.

Auf der Suche nach den Gravionenquellen ist noch eine Einschränkung zu beachten: Die Gravionenstrahlung kann nicht von allen Massenkörpern ausgehen (entgegen Majorana 1920), da sich in diesem Falle ihre Auswirkungen gegenseitig aufheben würden. Ich bin von Diskussionspartnern auch auf das Problem angesprochen worden, dass bei einer isotropen Strahlung die Anziehungskraft (durch Schattenbildung bewirkt) und die abstoßende Kraft einander aufheben würden. Dieser Einwand ist zunächst naheliegend, und auch ich habe mich schon bald damit auseinandergesetzt. Er erledigt sich jedoch, wenn man bedenkt, dass diese Kraft der Gravionenstrahlung vielleicht nur von bestimmten Körpern ausgeht, während von ihren Auswirkungen alle Körper betroffen werden, denen wir "Schwere" zuschreiben, wie die Erde und auf ihr alles, was frei beweglich ist. Auf unserer Erde gibt es jedenfalls keine von innen - vom Kern der Erde her kommende - und nach außen wirkende Gravionen-Strahlung, die etwa zu einer Levitation von Körpern - oder gar zu einer Himmelfahrt von Leibern - nach außen oder "oben" führen könnte. Unsere Äpfel fallen vom Baum immer noch nur nach unten, darauf können wir uns voll verlassen. Es ist also anzunehmen, dass die Gravionenstrahlung nur von bestimmten Quellen im Universum erzeugt wird, nur von einem begrenzten Anteil aller Sterne in den unzähligen Sternhaufen, Galaxien und Galaxienhaufen. Aber da es davon so milliardenfach viele gibt, kann man zunächst einmal ebenso viele Gravionenquellen vermuten.

Welche bestimmten kosmischen Objekte kommen nun als Gravionenquellen in Frage? Lassen wir uns bei der Suche nach ihnen am besten von den Astronomen und Astrophysikern leiten, die derzeit mit den modernsten Nachweismethoden nach möglichen Quellen von Gravitationswellen suchen. Ich will diesen Forschern einmal nachsehen, dass sie darunter, in eindeutigem Unterschied zu unserem korpuskularen Ansatz, Veränderungen von Feldern und Krümmungen der Raumzeit verstehen. Denn das schließt ja nicht aus, dass es auch bei ihrer Suche um Gravitationsquellen geht! In dem Heft "Spezial 6" (2001) der Zeitschrift "Sterne und Weltraum", das dem Thema Gravitation gewidmet ist (in den folgenden Literaturnachweisen wieder als "G" abgekürzt), befassen sich mehrere Experten unter Federführung des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut) in Golm bei Potsdam mit Methoden und Ergebnissen ihrer Suche nach stellaren Objekten, welche Gravitationswellen mit einer für die astronomische Registrierung ausreichenden Stärke emittieren (B. F. Schutz, G 20). P. Aufmuth und K. Danzmann (G 28) sprechen nicht von Gravitationswellen, sondern verwenden stattdessen den Begriff der Gravitationsstrahlung, und ich selber ziehe weiterhin vor, von Gravionenstrahlung zu sprechen; aber unabhängig von solchen Sprechweisen gilt für alle Autoren, dass es ihnen um Fernkräfte geht, die an den Orten, wo sie ankommen, gravitative Effekte bewirken können. Ich bin allerdings skeptisch, wenn Autoren von "Gravitation" die bloße beschleunigte Eigenbewegung massereicher Himmelskörper etwa von Doppelsternen als Ursache für Gravitationswellen nennen. Es ist näherliegend, den zentripetalen Anteil ihrer umeinander kreisenden Bewegungen als Gravionenwirkung anzusehen.

In der Sicht der von mir zu Rate gezogenen Autoren sind die Ausgangspunkte solcher Strahlung in der Regel verschiedenartige Vorgänge in der Art kosmischer Katastrophen, die jedenfalls höchst intensiv und relativ kurzfristig ablaufen und deren gravitative Auswirkungen oder auch elektromagnetischen Nebeneffekte auch die Erde und die Teleskope der Astronomen erreichen. So ist bei Arkani-Hamed, Dimopoulos und Dvali (Q 63 ??) von "Gravitationswellen" die Rede, "die von Supernovae und anderen heftigen astrophysikalischen Prozessen stammen". Es liegt also nahe, nach astronomischen Phänomenen Ausschau zu halten, in denen zuvor noch stabile Materiekörper in kürzester Zeit explodieren, in vielen Bruchstücken weit auseinander fliegen, riesige Flares oder Flashes in einer Richtung ausstrahlen, oder aber ganze Kugelschalen von Materie nach außen treiben, die dann als kreisförmige Nebel (z.B. der Krebsnebel) im Fernrohr sichtbar sind, oder als Halo oder Ring einen dann kleiner und dichter gewordenen Stern umgeben. Ich denke bei dieser Aufzählung natürlich auch an akute Novae und Supernovae, an Pulsare und Quasare, und an deren zentrale Überbleibsel wie die "kleinen" Weißen Zwerge und Neutronensterne und die riesigen "Schwarzen Löcher". In vielen dieser Fälle haben wir ein ähnliches Bild vor uns: ein zunächst noch unauffälliger Stern explodiert, der Rest einer hoch erhitzten Kugelschale oder ein riesiges Strahlenbündel wird nach außen getrieben, und ein hoch verdichteter Zentralstern bleibt übrig und wird bei zunehmender Masse schließlich unsichtbar („Schwarzes Loch"), weil sogar Photonenstrahlung in ihn gravitativ zurückgelenkt wird. Aussichtsreiche Kandidaten zum Nachweis von Gravionenstrahlung sind demnach vor allem spektakuläre kosmische Vorgänge wie die Explosion von Novae und Supernovae und anderer "exotischer" Sternsysteme, aber in Verbindung damit und als deren Ergebnis auch die z.T. winzigen Schwergewichte unserer Sternenwelt, die Weißen Zwerge und die extrem massiven Neutronensterne, die Doppelstern-Pulsare und schließlich die riesigen, superschweren und superdichten "Schwarzen Löcher" mit Millionen von Sonnenmassen. Von all diesen Kandidaten für die Ausstrahlung von Gravitationswellen gibt es in unserem Weltall unzählige, in der Größenordnung von Milliarden, obwohl selbst diese riesige Anzahl nur ein Bruchteil aller kosmischen Objekte ist. Von den Auswirkungen solcher Strahlung sind dagegen, das ist unsere Annahme, alle Körper und Materiemassen betroffen, denen wir üblicherweise "Schwere" zuschreiben.