2.4.15.3. Zwei Fälle von Nicht-Mobbing

Es gibt Menschen, die sich als Opfer von "Mobbing" fühlen, ohne gemobbt worden zu sein, am deutlichsten im Verfolgungswahn des paranoid Schizophrenen, in dem er sogar seine Helfer und Unterstützer als Verfolger erleben kann. Es kann der Fall sein, dass die Umwelt des zurückgezogen lebenden Kranken über längere Zeit gar nicht mitbekommen hat, dass er sich gemobbt gefühlt und Verschwörungstheorien entwickelt hat. Schwächere Ausprägungen einer unrealistisch-subjektiven Opferrolle findet man bei Depressiven, bis zum kindlichen "Niemand liebt mich!", hinter dem manchmal ein ungeheurer Anspruch steht, ohne jedes eigene Zutun geliebt zu werden, auch wenn der oder die Betreffende selber lieblos mit anderen Menschen umgeht. Im weiten Übergangsbereich zum Durchschnittsverhalten gibt es die überempfindlichen "Sensibelchen". Auch ohne Schikaneabsicht eines etwas einfühlungsarmen "Täters" können dessen für andere Menschen durchaus unauffälligen Handlungen von einer sensiblen Person als gezieltes "Mobbing" missverstanden werden.

Andererseits gibt es auch tatsächliche Mobbingversuche ohne Erfolg beim angezielten Mobbing-Opfer: Der Gemobbte hat ein dickeres Fell als erwartet, er lässt sich nicht ans Bein pinkeln, wehrt sich gegen Anfeindungen, sucht und findet Verbündete, überzeugt seine soziale Umwelt davon, dass er ein liebenswerter und tüchtiger Mensch ist und setzt so den Mobber ins Unrecht. Dessen Stänkern und Miesmachen läuft ins Leere, führt sogar zu sozialen Abwehrreaktionen gegen das Dauermosern, Schmähen und Giften des Mobbers, kann zu dessen Isolierung und schließlich dazu führen, dass der Mobber gemobbt wird. Ein solcher Rollenwechsel, in der einen oder in der anderen Richtung, ist nichts Ungewöhnliches.