2.4.10.1.2. „Heil Hitler!“ 

Ich beginne mit dem Gruß. Als inzwischen 76jähriger (Jahrgang 1928) gehöre ich zu denen, welche die Nazizeit als Kind und Jugendlicher noch selbst erlebt haben. Den Hitlergruß habe ich als 10jähriger „Pimpf“ im Jungvolk gelernt, habe ihn weiterhin seit dem 14. Lebensjahr in der Marine-Hitlerjugend praktiziert, auch gegenüber einigen Lehrern in der Schule, die darauf bestanden, und schließlich wieder am Ende des Zweiten Weltkriegs als gerade 16jähriger Soldat, als in der deutschen Wehrmacht die alte Ehrenbezeigung mit der flachen Hand an der Mütze vom Hitlergruß abgelöst wurde.

Für diejenigen unter Ihnen, die diesen Gruß nicht aus eigener Erfahrung oder nur aus Filmen kennen, beschreibe ich ihn jetzt näher. So zu grüßen geht nicht im Sitzen und erst recht nicht im Laufen, denn dann wirkt der dabei ausgestreckte Arm eher lächerlich; im voll besetzten Fahrstuhl könnte das plötzliche Ausstrecken des Arms sogar zu Verletzungen der Mitfahrenden führen. Am besten führt man den Gruß in strammer Haltung vor: Hacken zusammen, und dann den rechten Arm ausgestreckt, aber nicht links am Kopf vorbei (das wäre nämlich karnevalistisch!), und auch keineswegs mit geballter Faust (denn das wäre kommunistisch!), sondern mit der flachen Hand nach vorne oben. Dazu gehört die militärisch kurz ausgesprochene Grußformel „Heil Hitler!“. Ähnlich wie bei „Grüß Gott!“ könnte auch „Heil Hitler!“ als Aufforderung missverstanden werden. Die dann naheliegende Antwort „Heil Du ihn doch!“ konnte in der Nazizeit nur im kleinen Kreis unter engsten Freunden riskiert werden, weil diese Aufforderung offensichtlich voraussetzte, dass Hitler schwer zu heilen oder vielleicht sogar unheilbar war.

Schon vor dem Bezug auf Hitler drückte das Wort „Heil“ einen Glückwunsch oder Segenswunsch aus. Alte Grußformen wie „Gut Heil!“ lebten im 19. Jahrhundert wieder auf, so mit dem „Petri Heil!“ der Angler, dem „Weidmanns Heil!“ der Jäger, dem „Schi Heil!“ der Wintersportler und, nicht zu vergessen, auch in dem Text „Heil Dir im Siegerkranz ..“ der alten Nationalhymne. Der Gruß „Sieg Heil!“ ist erst in der Nazizeit aufgekommen.